Equal Pay

Wie IKEA Österreich Schritt für Schritt Richtung 0 % Gender Pay Gap geht

In Österreich verdienen Frauen im Schnitt noch immer rund 12,8 % weniger als Männer – für die gleiche Arbeit. Eine Ausnahme: IKEA Österreich. Dort liegt der Gender Pay Gap bei nur 0,71 % – zugunsten der Frauen. Ruth Emily Eckrieder, Teil des Kommunikationsteams von IKEA Österreich, erklärt im Gespräch mit talks at work, wie IKEA diesen Weg gegangen ist – und warum echte Veränderung Haltung, Daten und Mut braucht.

Vom ersten Schritt bis zur Vorreiterrolle

Seit 2018 erhebt IKEA den Gender Pay Gap systematisch – in allen Märkten weltweit. In Österreich lag der Unterschied zu Beginn bei 1,98 % zugunsten der Männer. Heute sind es 0,71 % – zugunsten der Frauen. „Wir haben uns das Thema sehr bewusst vorgenommen und wollten wissen: Wo stehen wir eigentlich?“, erzählt Ruth Emily Eckrieder. Die Grundlage: ein jährliches Equal-Pay-Assessment, intern durchgeführt und extern geprüft. Wo sich Unterschiede nicht durch Qualifikation, Erfahrung oder Verantwortung erklären ließen, wurden und werden Gehälter angepasst. „Wir handeln ganz klar datenbasiert – und sobald eine Lücke erkennbar ist, korrigieren wir sie“, so Ruth.

Karrierechancen statt gläserner Decke

Fairness endet nicht beim Gehaltszettel. Auch der Zugang zu Führungspositionen muss gleich sein. Bei IKEA Österreich sind heute über 50 % der Managementpositionen weiblich besetzt. „Gleichstellung muss sich nicht nur im Gehalt, sondern auch in der Karriere widerspiegeln“, betont Ruth. Dafür setzt das Unternehmen auf transparente Entwicklungswege, gezielte Aus- und Weiterbildung sowie ein laufendes Monitoring von Beförderungsdaten.

Jobsharing, Dienstpläne und moderne Tools

Besonders viel Energie steckt IKEA in die Rahmenbedingungen, durch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht werden. Dienstpläne werden frühzeitig erstellt, moderne Zeiterfassungs-Tools schaffen Klarheit – und auch in Führungsetagen wird Vereinbarkeit möglich gemacht. „Wir haben Jobsharing-Modelle etabliert, bei denen sich zwei Frauen eine Führungsrolle teilen – in Teilzeit“, sagt Ruth. Was oft nur als Konzept diskutiert wird, lebt IKEA bereits vor.

Gleichstellung ist Teamarbeit – und Führungssache

Entscheidend für den Erfolg solcher Maßnahmen ist laut Ruth das klare Bekenntnis von oben. „Wenn die Geschäftsführung voll hinter dem Thema steht, hat es Gewicht – und wird Teil der Unternehmenskultur.“ Bei IKEA sei das kein Lippenbekenntnis, sondern strategisch verankert. „Es ist ganz normal, dass bei Entscheidungen die Gleichstellungsperspektive mitgedacht wird – nicht erst auf Nachfrage.“

Offene Kommunikation – nach innen und außen

2024 wagte IKEA Österreich einen weiteren wichtigen Schritt: die öffentliche Kommunikation der eigenen Gender-Pay-Zahlen. Ein LinkedIn-Posting inklusive Video ging viral – intern und extern.

„Wir waren anfangs wirklich unsicher, ob wir das schon teilen sollen“, erzählt Ruth offen. „Man denkt sich: Wir sind ja noch nicht bei 0 %. Ist das überhaupt schon gut genug?“ Doch genau diese Haltung wollte das Team durchbrechen. „Wir haben dann gesagt: Doch, gerade deshalb müssen wir es zeigen – dass Veränderung ein Prozess ist. Und dass man nicht erst sprechen darf, wenn alles perfekt ist.“

Das Ergebnis: Überwältigend positives Feedback – innerhalb des Unternehmens ebenso wie auf Social Media. Mitarbeitende fühlten sich gesehen, Stakeholder inspiriert. „Viele haben gesagt: Endlich traut sich jemand, ehrlich Zahlen auf den Tisch zu legen – ohne PR-Filter“, erinnert sich Ruth.

© NIKLAS STADLER | www.niklasstadler.at
Lernen von anderen – und selbst Vorbild sein

IKEA erhebt den Gender Pay Gap in allen Märkten – Österreich zählt zu den Vorreitern. „Wir lernen ständig voneinander“, sagt Ruth, „aber wir bekommen auch sehr viel Anerkennung aus anderen Ländern – das motiviert zusätzlich.“

Mut zur Lücke

IKEA zeigt, wie Gleichstellung Schritt für Schritt gelingt – mit einer Mischung aus Mut, Ehrlichkeit und Systematik. Für Ruth Emily Eckrieder steht dabei fest: „Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, aktiv zu werden und nicht aufzugeben.“ Ihre Empfehlung für andere Unternehmen, die erste Schritte für eine geschlechtergerechte Bezahlung machen wollen: „Mutig sein – hinschauen, offen sein, zugeben, wo man noch nicht ist. Aber auch stolz sein auf das, was man bereits geschafft hat. Und dann gemeinsam weitergehen – in Richtung 0 % Gender Pay Gap.“


Dieser Artikel wurde verfasst von:

Portrait von Margit Wickhoff

Margit Wickhoff
Chefredaktion bei talksatwork

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